Das Frühjahr für den Jahrgang 2017 begann mit einem frühen Austrieb der Reben. Soweit so gut bis Ende April. Der starke Frost am 20. April mit bis zu -3,1°C schockierte uns sehr. Wir mussten mit ordentlichen Schäden rechnen. Aber zum Glück war der Frost von Trockenheit begleitet und so gab es trotz Minusgraden minimalen Reif, so dass nur wenige Anlagen mehr als 10% Augenausfälle aufwiesen. Nach dem folgenden Stillstand in den Reben explodierte dann im Juni die Vegetation. Das schnelle Wachstum der Reben brachte alle Winzer ins Schwitzen. Die Blüte der Reben war noch früher als nach dem Austrieb prognostiziert. Dann wurde es mal wieder richtig Sommer. Er war heiß und trocken, noch bis kurz vor Lesebeginn erreichten die Temperaturen fast täglich über 30°C.
Bereits am 28. August wurden die ersten Trauben für den Federweißen gelesen und zwei Wochen später starteten wir mit der Hauptlese. Viele Rebsorten waren gleichzeitig erntereif. Müller-Thurgau und Grauburgunder mussten bereits in der ersten Woche parallel gelesen werden. Unsere größte Sorge war eine exorbitante Zunahme der Zuckergehalte. Doch zum Glück war die zweite Lese-Woche mit vielen kleinen Niederschlägen sehr durchwachsen und das hielt die Mostgewichtssteigerung im Zaum. Jetzt musste das Augenmerk auf den Gesundheitszustand der Trauben gelegt werden. Aber auch das bereitete keinerlei Schwierigkeiten. Die Qualitäten und auch der Ertrag überraschten uns jeden Tag aufs Neue. In nur drei Wochen wurde alles bis auf Scheurebe und Gewürztraminer eingebracht.
Im Ergebnis haben wir 4 % weniger Menge als die letztjährige Rekordernte und sogar 12 % mehr als im langjährigen Schnitt. Und das alles bei optimalen Mostgewichten um die 93° Oe bzw. 12,8 Vol% Alkohol.
Der geringe Frostschaden wurde bei uns komplett kompensiert. Die wenigen Anlagen anderer Winzer mit 50% Ausfall hatten allerdings nur den halben Ertrag. Und so haben viele Kollegen am Kaiserstuhl und in anderen Gebieten nur eine sehr kleine Ernte einfahren können.
Leider wurden wir von einem Unglück anderer Art heimgesucht. Auf tragische Weise verstarb am 16. September 2017 einer unser Winzer. Dieses Unglück überschattete die ganze Lese und wird uns wohl noch eine Weile begleiten.
Natürlich freuen wir uns dennoch über die fröhlich gluckernden und gärenden Weine in unserem Keller. Den zügigen und entspannten Herbst verdanken wir dem gesunden und kühlen Lesegut. Auch alle Gärungen laufen problemlos, selbst die Spontangärer sind schon fast trocken. Insgesamt überrascht uns besonders die Leichtigkeit und Strahlkraft des Jahrgangs. Die Hitzewelle und die Trockenheit des Sommers merkt man den Weinen überhaupt nicht an. Die Rotweine prahlen schon jetzt mit sattem Gerbstoff und großem Entwicklungspotential.
So großartige Qualitäten sind nur durch viel Handarbeit möglich, deshalb verdienen unsere Winzer ein riesiges Lob für ihren unermüdlichen und treuen Einsatz.
Martin Schmidt
Das Radiointerview auf SWR 1 zur Weinlese können Sie auf hier aufrufen.